13.05.2024

Forderungen der Wiesengrundfreunde gehen an der Realität einer Infrastrukturplanung vorbei

In Anbetracht des anstehenden Bürgerentscheids zur Stadt-Umland-Bahn in Erlangen stellt die Bürgerinitiative Wiesengrundfreunde die Klimabilanz der StUB in Frage. Die Forderungen mit Fokus auf alleinige Klimaziele im Rahmen des Erlanger Klimaaufbruchs sind aus dem Kontext gegriffen und in gesamtpolitischer Betrachtung nicht umsetzbar.

Pressemitteilung (PDF)

Seitens der Wiesengrundfreunde wird kritisiert, dass die StUB nicht als reines Verkehrswendeprojekt zu Lasten des Autoverkehrs, sondern als zusätzliches Verkehrsangebot konzipiert wird, und dass die StUB den Regnitzgrund über eine neue Brücke an der Wöhrmühle queren soll, anstatt den Büchenbacher Damm zu nutzen.

„Richtig ist, dass die Stadt-Umland-Bahn ein wichtiges Verkehrsprojekt für die wachsende Region ist, um Unternehmen, Hochschulstandorte und Innenstädte bestmöglich an den ÖPNV anzuschließen und ein Zusammenwachsen der Region zu ermöglichen“, so Mandy Guttzeit, Geschäftsleiterin des Zweckverbands Stadt-Umland-Bahn. „Richtig ist aber auch, dass wir mit der StUB 47 Millionen PKW-km pro Jahr auf den ÖPNV verlagern können und damit eine Verkehrswende auf freiwilliger Basis ermöglichen. Diese hohe Verkehrsverlagerung ist nur mit der aktuellen Streckenführung möglich.“

Eine Führung über den Büchenbacher Damm wäre in mehrfacher Hinsicht keine Alternative zur Streckenführung. Eine Führung dort wäre nur möglich, wenn ein erheblicher Eingriff in den PKW-Verkehr vorgenommen würde, der zu Lasten der Leistungsfähigkeit der Straße geht. Sogenannte Push-Maßnahmen, also eine Einschränkung der Verkehrsmittelwahl durch Straßensperrungen, sind politisch kaum durchsetzbar, wie an der aktuellen Diskussion zu punktuellen, nicht vermeidbaren Veränderungen der Verkehrsführung durch die StUB erkennbar wird. Aus diesem Grund wurde der Büchenbacher Damm vom Zweckverband als nicht machbar eingestuft – es müssten alle vier Knotenpunkte in der Paul-Gossen-Straße vor dem Büchenbacher Damm umgebaut werden. Nach aktueller Rechtslage wäre diese Variante auch nicht genehmigungsfähig. Aufgrund der beengten Platzverhältnisse und des hohen Verkehrsaufkommens konnte hierfür keine technische Lösung gefunden werden. Jahrelanger Planungs- und Abstimmungsaufwand, u.a. mit der Autobahn, mit offenem Ausgang wäre erforderlich.

Zum anderen spricht auch die CO2-Bilanz nicht für die Streckenführung über den Büchenabcher Damm: „Aufgrund der erforderlichen Ersatzneubauten von Brücken, der längeren Streckenführung und der geringeren verkehrlichen Wirkung weist die Führung über den Büchenbacher Damm sogar eine schlechtere CO2-Bilanz auf. Insofern stellt sich hier die Frage, ob bei dieser Streckenführung die Ressourcen sinnvoll eingesetzt würden“, erklärt Dr. Stefan Opheys, Technischer Leiter des Zweckverbands Stadt-Umland-Bahn.

Schon die Testrechnungen im Rahmen der Standardisierten Bewertung haben gezeigt, dass die Verkehrsverlagerung der Variante Büchenbacher Damm geringer wäre als bei der aktuellen Vorzugstrasse. Obwohl große Wohngebiete angeschlossen würden, würden insgesamt weniger Menschen den ÖPNV nutzen. Das liegt unter anderem daran, dass mit der Wöhrmühlbrücke erhebliche Verbesserungen im Busnetz einhergehen, die für das betreffende Gebiet zu kürzeren Fahrzeiten führen – mit einem Bus über die Wöhrmühlbrücke. Über den Büchenbacher Damm wären diese Effekte von keinem der beiden Verkehrsmittel erreichbar.

„Die Wöhrmühlbrücke ist ein Quantensprung für den ÖPNV in Erlangen. Zahlreiche, jahrzehntelange Probleme des Erlanger Busnetzes werden mit der mittleren Talquerung gelöst. Unfreiwillige Stadtrundfahrten vom Westen in die Innenstadt gehören der Vergangenheit an, die Fahrzeiten in die Innenstadt verkürzen sich erheblich“, so Daniel Große-Verspohl, Kaufmännischer Leiter beim Zweckverband.

Dass für den Bau der Wöhrmühlbrücke Ressourcen aufgewendet werden müssen, ist unbestritten. Diese lohnen sich aber durch die positiven Effekte auf die Nutzung des ÖPNV, sind also als Investition in die Zukunft zu sehen. Nach aktueller Berechnung liegt die CO2-Amortisationszeit mit geschätzten Bauemissionen von ca. 62.000 Tonnen CO2-Äquivalenten für die gesamte Stecke der StUB bei unter zehn Jahren. Eine ausführliche, detaillierte Klimabilanz wird zum Ende der Planung fertiggestellt sein.

Dies steht nicht in Konkurrenz zum Erlanger Klimanotstand. Beim Restbudgetansatz der Stadt Erlangen ist sogenannte graue Energie, wie sie beim Bau aufgewendet werden muss, aufgrund der genutzten Methodik gar nicht berücksichtigt. Bei der Berechnung der Klimabilanz durch den Zweckverband werden jedoch alle Emissionen erfasst, unabhängig davon wo sie entstehen.

Dass die Verkehrsverlagerung der StUB im Vergleich zu den aufgewendeten Ressourcen zu gering sei, kann der Zweckverband nicht mitgehen. 47 Mio. PKW-Kilometer pro Jahr werden auf den ÖPNV verlagert (täglich 129.000 PKW-km), 9000 Personenfahrten auf die StUB – die absoluten Zahlen sprechen für die hohe Verlagerung. Natürlich kann mit einer einzelnen ÖPNV-Maßnahme wie der StUB nicht der gesamte Autoverkehr eines großräumigen Verkehrsraums verlagert werden. Aber kaum ein anderes Verkehrsprojekt erreicht eine vergleichbare Verkehrsverlagerung.

„Insgesamt bleibt festzuhalten, dass unter gesamtpolitischen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen zur Erreichbarkeit der Verkehrsziele im Verkehrssektor, die StUB das einzige Verkehrsmittel ist, dass viele Menschen in der Region dazu bewegen kann, ihr Auto freiwillig stehen zu lassen. Dies wäre weder mit einer Vielzahl an Einzelmaßnahmen wie Carsharing und dem Ausbau der Radinfrastruktur, noch mit einem optimierten Bussystem in diesem Umfang erreichbar“, betont Mandy Guttzeit.

Die Forderung nach einer zusätzlichen, auf dem Restbudgetansatz basierenden Klimabilanz, sieht der Zweckverband als nicht zielführend an. Das Gutachterbüro Intraplan entwickelt die Methodik aufgrund der Erfahrungen mit der Standardisierten Bewertung, die auch die Grundlage für die CO2-Bilanzierung darstellt. Nur so sind bundesweit einheitliche Vergleiche möglich. Hierbei wird auch kein Wachstum des Verkehrs unterstellt, sondern die Prognosen ergeben eine wachsende Mobilität aufgrund der zahlreichen geplanten Entwicklungen in der Region (Investitionen FAU und Siemens, neue Wohngebiete und Quartiere etc.). Diese müssen in der Klimabilanz berücksichtigt werden, vor allem, solange der Verkehrssektor so weit entfernt vom Erreichen der Klimaziele ist wie jüngst vom Umweltbundesamt wieder errechnet. Die Firma Intraplan ermittelt darüber hinaus Zahlen als Grundlage einer Abwägung, führt aber nicht selbst die Streckenabwägung durch. Zu dieser Abwägung gehören aber nicht nur die verkehrlichen Aspekte, sondern auch viele anderen Kriterien, wie zum Beispiel die Auswirkungen auf die Umwelt. Die Abwägung der verschiedenen Streckenführungen wird im Rahmen der Planfeststellung durch die Genehmigungsbehörde geprüft, so dass sichergestellt ist, dass ein hohes Maß an Objektivität erreicht wird.

Der Zweckverband Stadt-Umland-Bahn

Der Zweckverband Stadt-Umland-Bahn (ZV StUB), mit seiner Geschäftsstelle in Erlangen, ist für die Planung, den Bau und Betrieb der StUB zuständig. Mitglieder des ZV StUB sind die drei Städte

Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach. Verbandsvorsitzender ist derzeit Dr. Florian Janik, Oberbürgermeister der Stadt Erlangen. Bei der Stadt-Umland-Bahn handelt es sich aktuell um eines der größten Straßenbahnprojekte in Deutschland. Auf einer 26 Kilometer langen Strecke soll die StUB Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach im 10-Minuten-Takt verbinden.

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